Wie man im laufenden Geschäftsbetrieb, sozusagen Lean sein Geschäftsmodell anpassen kann, erklärt uns Roman Heimbold, einer der Gründer von Atalanda. Das Startup bietet insgesamt 4 verschiedene Komponenten, damit auch der Händler um die Ecke eine Zukunft hat. Mit ihrem Angebot verbinden Sie den Komfort des Online-Handels mit den Vorteilen des stationären Handels.
Wie lässt sich die Atalanda-Idee in wenigen Sätzen erklären?
Einwohner einer Stadt kaufen bei ihren lokalen Händlern online auf einem gemeinsamen Marktplatz ein und bekommen die Bestellungen noch am selben Abend zugestellt.
Damit wird der lokale Einzelhandel besser und schneller als Amazon PRIME. atalanda macht dies einfach möglich.
Wir bringen alle Komponenten in die Stadt mit: Online-Schaufenster, den lokalen Marktplatz, das Same Day-Delivery Netzwerk und ein dauerhaftes Coaching-Programm für die Händler.
Wann, wo und durch wen wurde die Plattform für lokale Marktplätze ins Leben gerufen?
Unsere Plattform wurde im November 2012 von den IT Entwicklern Hubert Hölzl und Dominik Goltermann sowie Rene Baisch, verantwortlich für das Business Development, und mir gegründet.
Die ersten Städte, die online waren – Salzburg und Hamburg. Aber ehrlich gesagt ziemlich erfolglos.
Erst in Zusammenarbeit mit dem Projekt Online City Wuppertal haben wir verstanden, wo die Erfolgsfaktoren liegen.
Gab es einen speziellen Impuls, weshalb dieses Projekt gestartet wurde?
Die Idee entstand aufgrund von Meldungen, dass Amazon die Lieferung am gleichen Tag in amerikanischen Ballungszentren ermöglichen möchte und dafür neue Warenverteilzentren außerhalb der Stadt auf der grünen Wiese baut.
Das kam mir – völlig unabhängig von moralischen Überlegungen – ziemlich überflüssig vor, da die Städte voll mit Waren sind, nur verteilt bei den einzelnen Händlern. Es fehlten „lediglich“ ein gemeinsamer Marktplatz der Händler und die dazugehörige Logistik.
Wie gut sind denn lokale Händler bereits auf den stetig steigenden Umsatzanteil des Onlinehandels vorbereitet?
Die meisten Händler sind sich der Dynamik und der Umwälzungen in der Branche bewusst, aber sie fühlen sich häufig absolut hilflos dagegen.
Gleichzeitig prasseln alle mögliche Lösungsvorschläge auf die armen Händler ein: eigene App, City-App, Beacon, Coupons, Facebook-Seite, Twitter-Account, QR-Codes, Gutscheine, neues Bonussystem, eigener Online-Shop oder ein gemeinsamer Online-Marktplatz?
Es gibt viele Vorschläge, wenige haben sich bis jetzt bewährt. Und dann kam die gemeinsame Online-Präsenz und der Marktplatz in der Online City Wuppertal, wo die ersten Händler echte Erfolge feiern.
Wie unterscheidet sich Atalanda von anderen lokal ausgerichteten Marktplätzen hierzulande?
Der Hauptunterschied liegt darin, dass der Verkäufer als Persönlichkeit, sein Vor-Ort-Service und die sofortige Verfügbarkeit der Waren bei uns im Vordergrund stehen.
Salopp gesagt, ich kann ihm fast in die Augen sehen, obwohl ich online einkaufe. Für atalanda ist der Begriff „Marktplatz“ auch viel zu kurz gegriffen. Wir beherrschen den gesamten Prozess von Online-Schaufenster bis zur Lieferung, IT-technisch, aber vor allem auch organisatorisch. Kein anderer Anbieter kann das, egal ob lokal, oder nicht.
Unsere Vertriebsstrategie ist auch gänzlich anders. Wir versuchen nicht mehr, unseren Marktplatz von außen in die Stadt zu zwingen. Wir starten nur in einer Stadt, wenn die Verantwortlichen vor Ort einen lokalen Marktplatz wünschen und mit uns aktiv kooperieren wollen.
Wie sieht Ihr Wunschkunde aus und wie genau funktioniert der Einkauf über das Portal?
Wir haben viele Wunschkunden, die eins eint: Sie möchten den Komfort der Online-Welt mit den Vorteilen der stationären Handelswelt verbinden.
Der eine Kunde informiert sich online und geht ins Geschäft einkaufen, der andere informiert sich im Geschäft und kauft später online und der nächste wickelt alles online ab und geht nur ins Geschäft, wenn es Probleme gibt. Unser Kunde ist nicht rein preislich orientiert, sondern sucht nach einem attraktiven Gesamtpaket aus Service, Preis und Einkaufsgefühl.
Sie wollten mit Ihrem Angebot schnell in den 20 größten Städten Deutschlands Fuß fassen. Warum wurde die Expansionsstrategie diesbezüglich geändert?
Der erste Plan sah die Expansion in 20 Städte mit der reinen Logistiklösung atalogics vor. Dank der Online City Wuppertal haben wir viel gelernt, so dass wir ziemlich alles noch einmal überarbeitet haben, die Vertriebsstrategie und sogar das Geschäftsmodell.
Jetzt starten wir nur noch in Städten, die eine Art „intrinsische Motivation“ haben und die Startvoraussetzungen erfüllen, mit uns das Konzept gemeinsam umzusetzen. Das dauert zwar einen Moment länger, aber es gibt unserem Wirken viel mehr Tiefe.
Vorher waren wir eine weitere Dienstleistung in der Stadt. Jetzt lösen wir zum Teil tiefgreifende Transformationen aus.
Atalanda ist rein gründerfinanziert gestartet. Welche Vor- bzw. Nachteile brachte dies bezüglich der bisherigen Unternehmensentwicklung?
Wir konnten quasi keine Schwächen mit Kapital ausgleichen, sondern mussten sofort die richtige Lösung finden.
Alles was wir tun, ist auf maximale Effizienz und Effektivität ausgelegt. Zudem unterstreicht es unsere Glaubwürdigkeit, wenn wir den Händlern und Städten sagen können, dass wir „inhabergeführt“ sind und durch unsere erfolgreiche Crowdfinanzierung die „Mission der Crowd“ haben.
Unser Motto ist „Kopf schlägt Kapital“. Ich kann Prof. Faltin gar nicht genug für den Titel seines wirklich exzellenten Buches danken.
Kürzlich wurde eine Kooperation mit der Händlerinitiative BUY LOCAL vereinbart. Was genau ist die Zielsetzung für den gemeinsamen Weg?
Auch wenn BUY LOCAL und atalanda aus verschiedenen Motivationen heraus handeln, eint sie ein Ziel: den stationären Einzelhandel für die Zukunft fit zu machen.
BUY LOCAL sensibilisiert einerseits den Kunden für die Auswirkungen der eigenen Kaufentscheidung, versteht sich aber auch als Motivator, Moderator und Interessensvertreter des lokalen Einzelhandels.
Neben sichtbaren Aktivitäten wie dem Einzelhändler-Zertifikat arbeitet BUY LOCAL auch sehr engagiert im Hintergrund, um bei Herstellern, Lieferanten, Großhändlern und in der Politik Voraussetzungen zu schaffen, damit die Einzelhändler vor Ort stark bleiben.
atalanda auf der anderen Seite hat mit seinen ganzheitlichen und integrativen Konzepten und der kompletten IT Infrastruktur die Werkzeuge, die Händler brauchen, um eben genau dieses Ziel zu erreichen. Daher ist die Kooperation eine tolle Sache!
Gibt es einen Tipp, den man als Gründer unbedingt beherzigen sollte?
Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht, schnellstmöglich raus aus dem Labor und mit einem Prototyp in die reale Welt zu gehen. Damit können Fehlentwicklungen recht rasch erkannt werden.
Bei Enttäuschungen sollten die Gründer nicht gleich alles in Frage stellen, sondern nach smarten Wegen suchen, wie es vielleicht doch gelingen kann.
Kommt man trotzdem nicht weiter, dann doch alles in Frage stellen – und zwar wirklich alles.
Bitte zum Schluss noch ein paar Worte zu den Gründern und Ihrem Weg bis heute?
Hubert Hölzl ist unser sehr kluger Kopf hinter der IT Infrastruktur. Er hat viele Erfahrungen in unterschiedlichsten Projekten gesammelt und vor einiger Zeit auch seinen Master an der FH Salzburg abgeschlossen – mich wundert es nicht, dass er als der beste Absolvent der FH ausgezeichnet wurde.
Rene Baisch hat schon einige Unternehmen erfolgreich gegründet, allen voran elkware. Er bringt seine Erfahrungen und sein Netzwerk in das Projekt ein.
Ich war vorher Geschäftsführer einer Medienagentur in München und fühle mich in der IT Welt wie auch in der Marken- und Marketingwelt sehr wohl.