Das Münchener Fintech fulfin hat ein speziell für E-Commerce Verkäufer qualifiziert-nachrangiges Darlehen entwickelt. Es bietet eine flexible Finanzierungsmöglichkeit jenseits des klassischen Bankkredits. Mit diesem Angebot leistet es Pionierarbeit bei der Finanzierung von Online-Unternehmen. Mehr dazu von Co-Gründer Nathan Evans.
Nathan, kurz und knapp: Erkläre die Geschäftsidee?
Die Bedürfnisse von digitalen Unternehmen und E-Commerce-Händlern werden nicht immer richtig verstanden und Banken bieten keine optimale Finanzierungslösung für diese an.
Mit unserem innovativen Angebot schließen wir diese Lücke und fokussieren uns auf flexible Kredite, die wir über unsere digitale Plattform anbieten. Wir kombinieren Daten aus den Bereichen Logistik, Onlinehandel und Bankwesen, um Verkäufe, Zahlungen und Bestandsdaten zu überwachen und zu verstehen.
Mit diesen Informationen können wir unseren Kunden einen individuellen, schnellen, fairen und transparenten Kredit gewähren.
Was genau war der Auslöser für den Start in ein eigenes Business?
Fredi und ich sind beide seit vielen Jahren im Bereich Alternative Lending tätig und wir haben festgestellt, dass vielen Onlinefirmen keine passende Finanzierungslösung angeboten wird.
Dabei boomt der Onlinehandel und stellt ein immer wichtiger werdendes Kundensegment für Finanzierungsanbieter dar. Da wir allerdings weder bei Banken, noch bei anderen Kreditgebern das ideale Angebot finden konnten, musste eine Lösung her. Und so entstand die Idee für fulfin.
Was macht das Geschäftsmodell einzigartig – was ist der USP?
Der Mix macht es aus. Es fängt an mit einem unkomplizierten und schnellen Antrag, der 100% digital abläuft und in nur wenigen Minuten erfolgt.
Wir verwenden eigenentwickelte Algorithmen, um die Bonität der Kunden zu bestimmen. Des weiteren verwenden wir innovative Verträge und alternative Sicherheiten, um eine Art des Kreditgeschäfts zu ermöglichen, das Banken nicht anbieten können.
Unser Fokus auf das E-Commerce-Geschäft ermöglicht es uns zudem, ein individuelles Angebot zu kreieren und diese Lücke im Finanzmarkt zu schließen.
Wo siehst Du die Zielgruppe bzw. wer sind die Wunschkunden?
Wir sind ein digitaler Finanzpartner für digitale Kunden. Unsere Zielgruppe sind Unternehmen, die sich auf den Onlinehandel konzentrieren.
Unser derzeitiges Flagship-Produkt ist ein warenbesicherter Unternehmerkredit für Amazon Sellers bzw. Direct to Consumer Brands, die in einem eigenen Onlineshop ihre Ware verkaufen.
Unsere Warenfinanzierung ermöglicht diesen Unternehmen schnell und nachhaltig zu skalieren, ohne Anteile ihrer Firmen an Investoren verkaufen zu müssen.
Unsere Kunden erzielen ihre Umsätze überwiegend durch Onlinevertriebskanäle und greifen auf Performance Marketing sowie verschiedene Online Tools zurück, um ihre Performance zu verbessern.
Wie viel Geld wurde bis zum Start investiert und wie lange war die Vorlaufzeit?
Anders als viele andere Lending-Fintechs, die meist mit einer großen Investition gestartet sind, haben wir fulfin tatsächlich über die ersten 18 Monate komplett gebootstrapped.
Dabei haben wir auf unsere Gehälter verzichtet und sämtliche Kosten mit unseren eigenen Ersparnissen gedeckt. Wir haben sogar unser erstes Darlehen aus eigenen Mitteln finanziert.
Fintech-Geschäftsmodelle verbrauchen häufig eine große Menge Kapital und Gründer müssen viele Anteile sehr früh an Investoren abgeben. Wir wollten das anders machen und erst beweisen, dass unser Konzept funktionieren kann, bevor wir Investoren in das Unternehmen holen.
In Zukunft möchten wir stolz behaupten können, dass wir unsere Vision erfüllt haben sowie von uns sagen können: “We bootstrapped a bank”.
Wie sieht es mit der Einnahmeseite aus – auf welchem Weg werden Geldrückflüsse erzielt?
Zurzeit erwirtschaften wir unseren Kernumsatz ausschließlich durch die Gebühren auf unser Darlehen. Weitere Umsätze generieren wir über unsere Seller Barcamp Events, die wir mit unserem Partner Dragonflip veranstalten. Allerdings erzielen wir mit diesen keine Gewinne, da wir die Events als unseren Beitrag zur E-Commerce-Community verstehen.
Welche Werbe- bzw. PR-Aktion hat bis dato für den größten Bekanntheitsschub gesorgt?
Gemeinsam mit unserem Partner Dragonflip – dem führenden Business Broker für E-Commerce-Geschäfte in Europa – haben wir das Sellerbarcamp ins Leben gerufen. Das Sellerbarcamp ist ein innovatives Event, welches wir bereits vier mal in Deutschland veranstaltet haben und bald in Prag durchführen werden – zudem erfreuen wir uns durch das Event großer Bekanntheit innerhalb der E-Commerce-Branche.
Bei dem Event treffen sich über einhundert der erfolgreichsten Amazon Verkäufer und tauschen sich über verschiedene Wachstumsstrategien aus. Mit bis zu 50 On-The-Fly Workshop ist das Sellerbarcamp auf alle Fälle das coolste Event im E-Commerce-Bereich in Europa.
Welche Vision verfolgst Du und welche Schlagzeile würdest Du gern mal über das Unternehmen lesen?
Unsere Vision ist es, der vertrauenswürdigste, zuverlässigste sowie effektivste Finanzierungspartner für Online-KMUs zu sein. Wir unterstützen Online-KMUs beim schnellen Wachstum, indem wir den Zugang zu einer unkomplizierten und flexiblen Finanzierung sicherstellen.
Mittels unseres flexiblen Angebots und der einfachen Vorgehensweise möchten wir die Denkweise über Finanzierungslösungen revolutionieren. Es muss nicht kompliziert und langwierig sein, einen Kredit zu erhalten – mit fulfin geht es schnell und ohne lästigen Papierkram. Als Schlagzeile würden wir gerne “fulfin – Finanzierung ganz leicht” lesen.
Auf welche 3 Tools/Apps kannst Du bei der täglichen Arbeit keinesfalls verzichten und warum?
- Unsere eigene App und die Schnittstellen zur Bankkonten und E-Commerce-Software bzw. Marktplätzen wie z.B Amazon
- GSuite. Wir arbeiten als Team mit GSuite – das Tool hilft uns bei einer produktiveren Zusammenarbeit
- Zapier. Zapier nutzen wir um alles zu integrieren. Es verbindet unsere Kommunikations-Tools und CRM mit unseren Analytics. Auch wenn es nicht direkt sichtbar ist, unterstützt es unsere Arbeit erheblich.
Was bedeutet für Dich persönlicher Erfolg – worauf kommt es wirklich an?
Persönlicher Erfolg geht für mich über mich selbst und meine eigenen Fähigkeiten hinaus. Es geht darum, mit einem Team von klugen und engagierten Menschen, die sich auf unserem gemeinsamen Weg persönlich sowie beruflich weiterentwickeln, ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
Ich betrachte mich selbst als erfolgreich, wenn der Gang ins Büro noch immer als Privileg und nicht als lästige Pflicht erscheint.
Welchen Fehler würdest Du aus der eigenen Erfahrung heraus jungen Gründern ersparen?
Unterschätze nicht den Zeit- und Arbeitsaufwand. Da das Finanzierungsthema ein sehr komplexes Geschäftsfeld darstellt und Erfahrungen und ein gutes Netzwerk noch wichtiger sind, als in anderen Branchen, sind erfolgreiche Fintech-Gründer sind meist etwas erfahrener.
Als Vater habe ich zudem gesehen, dass es auch eine Belastung für meine Familie ist.. Es ist schwer zu sagen, wann die richtige Zeit zum Gründen ist. Es kann sich als äußerst hilfreich erweisen, wenn man bereits Joberfahrungen gesammelt hat, bei denen die Arbeitsbelastung ebenfalls sehr hoch war. Dann ist man von dem Startup-Life weniger überrascht und ist besser vorbereitet.
Aber im Großen und Ganzen ist die beste Zeit zu Gründen wahrscheinlich immer “Jetzt”. Man weiß nie, ob man Morgen noch die Chance dazu hat.
Welche Frage sollte sich eine Gründerin bzw. ein Gründer mindestens einmal gestellt haben?
Ein Gründer bzw. eine Gründerin, sollte sich die Frage stellen “Warum?”. Häufig wird gegründet, weil es “gerade im Trend liegt und cool ist”, allerdings sieht die Realität oftmals ganz anders aus. Ein Geschäftsführer haftet, wenn das Geschäft schlecht läuft, es gibt stets viel Arbeit und, vor allem in Deutschland, sehr viel Papierkram zu erledigen.
Einige scheitern an dieser Hürde – und auch mit dieser Niederlage muss man umgehen können. Gründer und Gründerinnen müssen daher eine extrem starke intrinsische Motivation – häufig gleichgesetzt mit dem sogenannten “Purpose” – haben.
Nur mit der richtigen Idee, Motivation sowie Durchhaltevermögen kann das Geschäft erfolgreich werden.
Mit welchen drei Worten würdest Du dich selbst beschreiben?
Dabei kommt mir als erstes in den Sinn: Adaptable, Ebullient, Imaginative