Immer mehr Unternehmen werben heute mit Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Allerdings ist es häufig nicht mehr als ein geschickter Marketingschachzug, mit dem sich das Unternehmen Anschuldigungen von Greenwashing einhandelt. Dies sollte jeder Gründer vermeiden.
Greenwashing auf dem Vormarsch
Der Begriff Greenwashing ist älter als die meisten Menschen vermuten. Als Erfinder gilt der amerikanische Umweltaktivist Jay Westerveld, der ihn 1986 in einem Essay über die Marketingpraktiken großer Unternehmen benutzte.
So störte er sich schon damals an den in Hotelzimmern üblichen Bitten, Handtücher länger als einen Tag zu benutzen, um Wasser zu sparen, während der internationale Tourismus verheerende Umweltschäden anrichtete.
Im 21. Jahrhundert hat das Problem im Zuge des wachsenden Bewusstseins für die Klimakrise und die Zerstörung der Umwelt jedoch ganz andere Dimensionen angenommen. Immer mehr Verbraucher wünschen sich umweltfreundlicheren nachhaltigeren Konsum – und die Unternehmen scheinen es ihnen zu geben. Doch oft genug handelt es sich um Kundentäuschung in Form von Greenwashing.
Schlagzeilenträchtig war beispielsweise der Versuch eines Discounters, sich als Umweltschützer zu positionieren, weil auf einmal 1 Cent für Einweg-Plastikbeutel berechnet wurde – statt diese komplett abzuschaffen. Ein anderes Beispiel ist eine irische Mode-Kette, die mit nachhaltiger Baumwolle wirbt, während sie zugleich ungezählte Tonnen Wegwerfmode produziert.
Beispiele für Greenwashing gibt es so viele wie Mikroplastikpartikel im Meer. Eine sehenswerte Doku zu diesem Thema kannst du dir hier in voller Länge ansehen.
Wie schütze ich mich vor Greenwashing-Anschuldigungen?
Im Interesse der Medien stehen meist die großen Unternehmen, die mit Millionenbudget Werbung betreiben und eine entsprechende Öffentlichkeit erreichen. Doch auch kleine Startups und Existenzgründer können in die Greenwashing-Falle tappen.
Manchmal sogar völlig unschuldig, weil sie sich nicht ausreichend mit den Bezugsquellen ihrer Produkte auseinander gesetzt haben. So bringt es dir gar nichts, wenn du mit einem „CO2-neutralen Büro“ wirbst, wenn der Strom aus Solarzellen stammt, die in China unter fragwürdigsten Bedingungen hergestellt wurden.
Viel zu schnell löst ein einziger kleiner Fehltritt einen Shitstorm bei der permanent überreizten Twitter-Gemeinde aus, bei dem so manches zarte Gründerpflänzchen tot getrampelt wird.
Doch wie kannst du dich vor Anschuldigungen auf Social Media und anderen Kanälen schützen?
Eine 100%-ige Sicherheit gibt es natürlich nicht. Ganz wichtig ist auf jeden Fall die sorgfältige Prüfung der Bezugsquellen, vor allem wenn du dabei Zwischenhändler einsetzt. Mach nicht eher Werbung für deine „100 % umweltfreundlichen Fairtrade-T-Shirts aus Bio-Baumwolle“, bis du genau weißt, wo und wie die Baumwolle angebaut wird und wo und wie die T-Shirts genäht werden.
Hinterfrage dabei auch jedes Label, mit dem geworben wird. So genügt eine kurze Suche bei Google, um die Wahrheit hinter der Better Cotton Initiative aufzudecken.
Lieber eine Nummer kleiner
Auch wenn es verlockend klingt, vollmundige Versprechungen zu machen: Diese fliegen meist als Erste auf. Am besten konzentrierst du dich auf nachhaltige Dinge, die du tatsächlich umsetzen kannst.
Willst du beispielsweise ein Café eröffnen, in dem ausschließlich Bio-Ware zubereitet und verkauft wird, suche nach regionalen Erzeugern, die du tatsächlich besuchen kannst. Verzichte auf exotische Superfoods, die gerade bei Bloggern und Influencern angesagt sind, die aber einen riesigen CO2-Fußabdruck verursachen.
So hat bspw. die weltweit rasant gestiegene Nachfrage nach Quinoa zahlreiche negative Konsequenzen in Peru nach sich gezogen. Von der Avocado ganz zu schweigen. Biete lieber regionale Superfoods an und erkläre deinen Kunden deutlich, was diese können und warum sie gleichwertig sind.
Apropos erklären: es ist heute leicht, weitgehend auf Papier zu verzichten. Statt einer klassischen Speisekarte verwendest du praktische Tischaufsteller, die auf den Tischen bleiben und nur regelmäßig abgewischt werden. Hier führst du deine Gerichte auf und hältst einen QR-Code bereit. Beim Scannen bekommt der User ausführliche Informationen zu deinen regionalen Bezugsquellen aufs Smartphone.
Du kannst sogar kurze Videoclips der Bauernhöfe und anderer Lieferanten zur Verfügung stellen. Praktischer Nebeneffekt: Dein Personal muss weniger laufen und die Gäste blockieren nicht so lange einen Tisch, weil die Runde „Speisekarte bringen, Bestellung aufnehmen“ entfällt.
Positive Beispiele für wirklich nachhaltige Startups
Grünes Gründen“ ist beliebt, aber schwer zu realisieren. Am besten lässt Du Dich von Positivbeispielen aus der Gründerszene inspirieren. Viele bieten auch nützliche Ratschläge und Erfahrungsaustausch an. Eine erste lesenswerte Anlaufstelle ist u.a. der Green Start-up Monitor, der jedes Jahr neu aufgelegt wird.
Mit Experteninterviews, Hintergrundberichten und der Präsentation erfolgreicher grüner Gründer kann er auch Dir als Inspirationsquelle dienen. Erfreulich: Die Quote an grünen Startups liegt in den Bundesländern heute schon zwischen 18 % (Bayern) und 32 % (Schleswig-Holstein) und wächst weiter.