Die Zahl der Unternehmensgründungen in der Finanzbranche geht zurück. Ein Grund dafür sind vorwiegend die strengeren Regulationen, denn wer als Finanzdienstleister oder Berater in diesem Bereich arbeiten möchte, braucht nicht nur das nötige Wissen, sondern meist auch umfassende Zulassungen. Dieser Artikel gibt konkrete Einblicke in die Materie.
Neugründungen primär außerhalb der Finanzbranche
Die Analyse der Neugründungen nach Branchen im ersten Halbjahr 2023 zeigt, dass besonders viele Startups im Softwarebereich ins Leben gerufen wurden. Mit 239 Neugründungen verzeichnet diese Branche ein Wachstum von 23 %. Der Softwaresektor profitiert von der steigenden Nachfrage nach digitalen Lösungen und innovativen Technologien, hauptsächlich durch die starke Zunahme von Fernarbeit in Unternehmen.
Weitere dynamische Branchen
Der medizinische Sektor folgt mit 140 Neugründungen und einem Wachstum von 18 %. Der Lebensmittelsektor zeigt ebenfalls starke Dynamik mit 97 Neugründungen und einem Wachstum von 29 %. Im E-Commerce-Bereich wurden 92 neue Unternehmen gegründet, was einem Wachstum von 18 % entspricht. Die Mobilitätsbranche verzeichnet mit 52 Neugründungen und einem Wachstum von 30 % die höchste prozentuale Zunahme.
Andere bemerkenswerte Sektoren sind Industrie, Medien, Gaming, Personal und Bildung, die ebenfalls eine Vielzahl von Neugründungen aufweisen, jedoch mit unterschiedlichen Wachstumstrends. Die Neugründungen in der Industrie und Medien zeigen eine leichte Abnahme, während die Gaming-Branche ein Wachstum von 11 % und der Personalbereich ein Wachstum von 23 % verzeichnet.
Im Finanzsektor durchstarten: Das brauchen Gründer
Auch der Finanzsektor eröffnet zahlreiche Möglichkeiten für Selbstständige und Unternehmer, die eine Karriere in dieser Branche anstreben.
Von der Kreditvermittlung über die Finanzberatung bis hin zur Gründung eines FinTech-Startups gibt es viele Wege, um im Finanzsektor erfolgreich zu sein. Doch in Deutschland gelten dafür strenge Richtlinien, denn nicht jeder darf ohne offizielle Erlaubnis im beratenden Bereich tätig werden. Abhängig von der ausgeübten Dienstleistung gibt es Unterschiede bei den Anforderungen.
Vermittler für Darlehen
Um als Kreditvermittler tätig zu werden, ist die Beantragung einer 34c-Gewerbeerlaubnis notwendig. Der § 34c der Gewerbeordnung regelt die Erlaubnispflicht für Kreditvermittler, Immobilienmakler und Bauträger. Diese Erlaubnis stellt sicher, dass der Kreditvermittler die gesetzlichen Anforderungen erfüllt und über die notwendige Zuverlässigkeit und Fachkenntnis verfügt.
Der Antrag auf eine 34c-Gewerbeerlaubnis wird bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) gestellt. Wer einen 34c beantragen und Kreditvermittler werden möchte, benötigt dafür verschiedene Unterlagen. Dazu gehören ein polizeiliches Führungszeugnis, eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister und ein Nachweis der geordneten Vermögensverhältnisse.
Die Kosten für die Beantragung können je nach Region und IHK unterschiedlich ausfallen. In der Regel liegen die Gebühren zwischen 200 und 1.200 Euro. Die genaue Gebühr setzt sich aus verschiedenen Posten zusammen, darunter Bearbeitungsgebühren und Gebühren für die Überprüfung der Zuverlässigkeit und der finanziellen Verhältnisse des Antragstellers.
Finanzberatung und Vermögensverwaltung
Eine weitere Karrieremöglichkeit im Finanzsektor ist die Tätigkeit als Finanzberater oder Vermögensverwalter. Diese Berufe erfordern fundierte Kenntnisse in Finanzplanung, Anlageberatung und Risikomanagement. Finanzberater helfen ihren Kunden, ihre finanziellen Ziele zu erreichen, indem sie maßgeschneiderte Anlage- und Sparstrategien entwickeln. Vermögensverwalter übernehmen die Verwaltung des Vermögens ihrer Kunden und treffen Anlageentscheidungen im besten Interesse ihrer Klienten.
Um in diesen Bereichen tätig zu werden, ist eine entsprechende Qualifikation und oft auch eine Zertifizierung notwendig.
Verschiedene Weiterbildungsprogramme und Zertifikate, wie der Certified Financial Planner (CFP) oder der Chartered Financial Analyst (CFA), bilden die notwendige fachliche Grundlage und erhöhen die Glaubwürdigkeit gegenüber den Kunden.
Gründung eines FinTech-Startups
FinTech-Startups revolutionieren die Finanzbranche durch innovative Technologien und Geschäftsmodelle. Von Zahlungslösungen über Blockchain-Anwendungen bis zu Robo-Advisors gibt es viele Bereiche, in denen FinTech-Unternehmen tätig sein können. Die Gründung eines FinTech-Startups erfordert dabei nicht nur technisches Know-how, sondern auch ein tiefes Verständnis der Finanzmärkte und der regulatorischen Anforderungen.
Der erste Schritt besteht darin, eine innovative Geschäftsidee zu entwickeln und ein starkes Team aus Finanz- und Technologieexperten zusammenzustellen. Anschließend muss ein Businessplan erstellt und potenzielle Investoren überzeugt werden. FinTech-Unternehmen müssen zudem sicherstellen, dass sie die gesetzlichen Vorschriften einhalten, insbesondere in Bezug auf Datenschutz und Finanzregulierung.
Versicherungsvermittlung
Die Versicherungsvermittlung ist eine weitere attraktive berufliche Möglichkeit im Finanzsektor. Versicherungsvermittler beraten Kunden bei der Auswahl und dem Abschluss von Versicherungsverträgen. Sie analysieren den individuellen Versicherungsbedarf und bieten maßgeschneiderte Lösungen an. Um als Versicherungsvermittler tätig zu werden, ist eine entsprechende Erlaubnis nach § 34d der Gewerbeordnung erforderlich.
Ähnlich wie bei der Kreditvermittlung müssen angehende Versicherungsvermittler eine Prüfung ablegen und die notwendigen fachlichen Kenntnisse nachweisen. Weiterbildungen und Zertifikate, wie der Versicherungsfachmann (IHK), sind eine solide Grundlage für eine erfolgreiche Karriere in der Versicherungsvermittlung.
Sicherheiten, die Finanzdienstleister nachweisen müssen
Finanzdienstleister müssen basierend auf den rechtlichen Vorgaben verschiedene Sicherheiten liefern, um das Vertrauen der Kunden und die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten.
Eine der wichtigsten Sicherheiten ist die Eigenkapitalanforderung, die sicherstellt, dass das Unternehmen über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um potenzielle Verluste abzudecken. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und andere Aufsichtsbehörden legen fest, wie viel Eigenkapital Finanzdienstleister vorhalten müssen. Diese Anforderung variiert je nach Größe und Risikoprofil des Unternehmens.
Zusätzlich müssen Finanzdienstleister auch über eine gute Liquiditätsausstattung verfügen, um jederzeit ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können.
Versicherungsabschluss für den Schadensfall
Neben den Eigenkapitalanforderungen sind verschiedene Versicherungen vorgeschrieben, um die Finanzdienstleister und ihre Kunden vor finanziellen Risiken zu schützen.
Eine der wichtigsten Versicherungen ist die Berufshaftpflichtversicherung, die Finanzdienstleister gegen Schäden absichert, die durch Fehler oder Fahrlässigkeit im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit entstehen können. Diese Versicherung deckt sowohl Vermögensschäden als auch Sach- und Personenschäden ab.
Eine weitere relevante Versicherung ist die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, die speziell für Schäden aufkommt, die durch Fehlberatung oder falsche Finanzprodukte entstehen. Diese Versicherung ist essenziell für Finanzberater und Vermögensverwalter. Zudem müssen Kreditvermittler oft eine Bürgschaftsversicherung abschließen, die ihre Kunden gegen finanzielle Verluste absichert, falls der Vermittler seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.
Ferner können Finanzdienstleister zusätzliche Versicherungen abschließen, wie etwa eine Betriebsunterbrechungsversicherung, die bei Geschäftsausfällen aufgrund unvorhergesehener Ereignisse einspringt, oder eine Cyber-Versicherung, die vor den finanziellen Folgen von Cyberangriffen schützt.
Strenge Regulierungsanforderungen für Finanzdienstleister: Warum sie für beide Seiten so wichtig sind
Die strengen Regulierungsanforderungen für Finanzdienstleister dienen in erster Linie dem Schutz der Kunden. Diese vertrauen Finanzdienstleistern schließlich ihre Ersparnisse und Investitionen an und erwarten, dass sie sicher und verantwortungsvoll verwaltet werden. Strenge Vorschriften und Kontrollen gewährleisten, dass Finanzdienstleister über die notwendige Qualifikation und Integrität verfügen, um ihre Aufgaben professionell und zuverlässig auszuführen. Diese Regelungen verhindern, dass unqualifizierte oder unseriöse Anbieter auf den Markt gelangen, die das Vermögen der Kunden gefährden könnten.
Schutz der Finanzdienstleister vor Regress
Neben dem Kundenschutz bieten die Regulierungsanforderungen auch Schutz für die Finanzdienstleister selbst. Die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und interner Kontrollen minimiert das Risiko von rechtlichen Problemen und Haftungsansprüchen. Wenn Finanzdienstleister sich an die geltenden Gesetze und Standards halten, verringern sie das Risiko, für Fehlverhalten oder Fehlentscheidungen zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Dies schützt nicht nur das Unternehmen vor finanziellen Verlusten, sondern auch die persönliche Haftung der Führungskräfte. Durch die Implementierung eines robusten Compliance-Programms können Finanzdienstleister sicherstellen, dass sie ihre Geschäfte im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen führen und somit langfristig stabil und erfolgreich bleiben.
Internationaler Vergleich der regulatorischen Anforderungen für Finanzdienstleister
Die regulatorischen Anforderungen für Finanzdienstleister sind in Deutschland und im internationalen Vergleich sowohl in ihren Parallelen als auch in ihren Unterschieden von Bedeutung. Diese Vorschriften zielen darauf ab, das Vertrauen der Kunden zu stärken und die Integrität der Finanzmärkte zu sichern.
Regulierungsanforderungen in Deutschland
In Deutschland sind die regulatorischen Anforderungen für Finanzdienstleister äußerst streng. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überwacht die Einhaltung der Vorschriften, die durch das Kreditwesengesetz (KWG) und das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) festgelegt sind. Diese Regelungen umfassen unter anderem die Lizenzierung von Finanzinstituten, Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung, Risikomanagement und die Einhaltung von Anti-Geldwäsche-Vorschriften. Finanzdienstleister müssen regelmäßige Berichte einreichen und Prüfungen durchlaufen, um sicherzustellen, dass sie die hohen Standards erfüllen.
Internationale Regulierungsanforderungen
Im internationalen Vergleich ähneln die Anforderungen in vielen entwickelten Ländern denen in Deutschland. Die USA beispielsweise verfügen über strenge Vorschriften, die von der Securities and Exchange Commission (SEC) und der Federal Reserve überwacht werden. In der Europäischen Union gelten harmonisierte Vorschriften durch die European Securities and Markets Authority (ESMA) und die European Banking Authority (EBA), die ähnliche Standards wie in Deutschland festlegen. In Großbritannien sorgt die Financial Conduct Authority (FCA) für die Einhaltung der Vorschriften, die ebenfalls umfassende Anforderungen an Finanzdienstleister stellt. Haben Finanzdienstleister eine eigene Website, müssen sie die zuständige Regulierungsbehörde auch in ihrem Impressum kenntlich machen.
Parallelen und Unterschiede
Parallelen bestehen insbesondere in den grundlegenden Anforderungen wie der Lizenzierung, Kapitalanforderungen und dem Risikomanagement. Diese Regelungen dienen dem Schutz der Kunden und der Stabilität des Finanzsystems. Unterschiede ergeben sich jedoch in der konkreten Umsetzung und den zusätzlichen nationalen Anforderungen.
In den USA sind die Vorschriften teilweise strenger und umfassender, insbesondere in Bezug auf die Marktaufsicht und die Transparenzanforderungen. Die EU hingegen legt großen Wert auf die Harmonisierung der Vorschriften, um den grenzüberschreitenden Finanzverkehr zu erleichtern.
Vorteile und Nachteile
Aus Sicht der Kunden versprechen strengere Vorschriften einen besseren Schutz vor finanziellen Verlusten und betrügerischen Praktiken.
Ein robustes Regulierungsumfeld sorgt für Vertrauen und Sicherheit, was letztlich dem gesamten Finanzmarkt zugutekommt. Für Finanzdienstleister bedeuten strenge Vorschriften jedoch auch höhere Kosten und einen größeren Verwaltungsaufwand. Dies kann insbesondere für kleinere Unternehmen eine Herausforderung darstellen.