Mit dem Ruhestand erfahrener Mitarbeiter geht oftmals wertvolles Expertenwissen verloren. An dieser Schnittstelle setzt die neue Software von WisR an. Mit ihr soll der Wissensaustausch zwischen den verschiedenen Generationen gewährleistet sowie Personal- und Wissenslücken möglichst schnell geschlossen werden. Mehr dazu von Co-Gründerin Klaudia Bachinger.
Klaudia, kurz und knapp: Pitche die Geschäftsidee?
WisR, sprich “weiser”, steht für eine Zukunft in der das biologische Alter nicht mehr unser Potenzial bestimmt. Gestartet haben wir mit einem Marktplatz, wo Senior Talents über den Renteneintritt hinaus Teilzeitjobs, Gigs und Projektarbeit finden können.
Mittlerweile haben wir uns allerdings weiterentwickelt und bieten großen Unternehmen eine Software an, die sie dabei unterstützt, Mitarbeiter wertschätzend in den Ruhestand zu verabschieden und in einem Senior Experten Netzwerk kritisches Know-how länger verfügbar zu halten. Gewissermaßen wie ein firmeninterner Talentpool an schnell verfügbaren und erfahrenen ExpertInnen für Wissenstransfer oder sonstige kurzfristigen Projekte.
Was genau war der Auslöser für den Start in ein eigenes Business?
Für mich gab es viele Anzeichen und berufliche Situationen, die mich in diese Richtung gedrängt haben. Schon während meiner Zeit als Filmemacherin habe ich mich intensiv mit dem Thema “Silver Society” und “Zukunft der Arbeit” auseinandergesetzt.
Zudem gibt es in kreativen Branchen – und so zum Beispiel auch auf einem Filmset – keine Einteilung in jung und alt! Alle Generationen arbeiten erfolgreich an einem Projekt und ziehen an einem Strang. Warum das in der Privatwirtschaft nicht geht, konnte ich also nicht verstehen.
Meine ganz private Motivation, etwas zu gründen, das Menschen im Alter hilft, sinnvolle Tätigkeiten zu finden, kommt aber jedenfalls aus meiner persönlichen Erfahrung in meiner Familie.
Was macht das Geschäftsmodell einzigartig – was ist der USP?
Unser USP ist zum Einen der Fokus einer Dienstleistung für eine ganz spezielle Zielgruppe: die jungen Älteren. Das Alleinstellungsmerkmal gegenüber unseren Konkurrenz ist, dass wir eine Software von der Stange anbieten und damit wenig Aufwand für Kunden entsteht, sowie das User Experience auf die Bedürfnisse der Senior Experts fokussiert und diese mit Gamification und einer Corporate-App besser aktiviert werden.
Zum Beispiel können Arbeitgeber mit unserem Reward-System diverse Hinzuverdienst-Limitierungen, die es für manche Rentner gibt, umgehen und ein alternatives Kompensationsmodell anbieten.
Wo siehst Du die Zielgruppe bzw. wer sind die Wunschkunden?
Die Zielgruppe für ein Lizenzprodukt sind große Mittelstands- oder MDAX-Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern in wissensintensiven Industrien wie Chemie, Pharma, Automobil, Maschinenbau oder Energie.
Für unseren Marktplatz haben wir vorwiegend Klein- und Mittelgroße Betriebe, die nach erfahrenen Menschen für Projekt- und Teilzeitarbeit suchen.
Die Senior Talents sind meist zwischen Ende 50 bis 70 Jahre – also “die jungen Älteren” – und in 80 Prozent der Fälle bereits im Ruhestand.
Wie viel Geld wurde bis zum Start investiert und wie lange war die Vorlaufzeit?
Das erste Geld, das in die GmbH geflossen ist, war eine Förderung der Wirtschaftsagentur Wien für die Entwicklung eines ersten Prototypen des Marktplatzes (EUR 100.000). Zusätzlich haben wir für den Markenaufbau, Markteintritt und die Weiterentwicklung des Produkts insgesamt noch einmal knapp 1 Million an Investorengeldern aufgenommen.
Wie sieht es mit der Einnahmeseite aus – auf welchem Weg werden Geldrückflüsse erzielt?
Mit unserem zweiten Produkt – ein Tool für das Verwalten eines Senior Experts Netzwerks – verdienen wir mit jährlichen Lizenzen, sowie diversen Beratungsleistungen für die Umsetzung.
Welche Werbe- bzw. PR-Aktion hat bis dato für den größten Bekanntheitsschub gesorgt?
Was uns am meisten Bekanntheitsschub bringt, ist eigentlich die Tatsache, dass wir als verhältnismäßig junges Team das Thema Arbeiten im Alter reframen und eine Themenführerschaft aufbauen. Denn bisher sind viele Initiativen in dem Bereich oft von öffentlichen Einrichtungen, NGOs oder von Älteren für Ältere.
Welche Vision verfolgst Du und welche Schlagzeile würdest Du gern mal über das Unternehmen lesen?
Unsere Vision ist eine Welt, in der niemand mehr aufgrund seines Alters definiert wird und bis ins hohe Alter sein Potenzial einsetzen kann. Die coolste Schlagzeile wäre sicher: “WisR Gründerinnen werden endlich 60!”
Auf welche 3 Tools/Apps kannst Du bei der täglichen Arbeit keinesfalls verzichten und warum?
Aufs Wichtigste reduziert:
- Slack für synchrone Kommunikation
- Email für asynchrone Kommunikation
- G-Suite für kollaboratives Arbeiten und Notizen
Was bedeutet für Dich persönlich Erfolg – worauf kommt es wirklich an?
Erfolg habe ich, wenn ich das tun kann, was ich richtig gern mache. Und, wenn ich mir die Menschen aussuchen kann, mit denen ich zusammenarbeite. Alles andere sind Ziele, die man sich setzen kann – aber sie sind nicht zwingend erfüllend.
Welchen Fehler würdest Du aus der eigenen Erfahrung heraus jungen Gründern ersparen?
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass jede/r das Recht auf seine eigenen Erfahrungen hat. Aber wenn ich einen Rat geben müsste, dann, dass man sich unbedingt im Klaren darüber sein sollte, mit wem – Co-Founder, Investoren, Teammitglieder, Partner – man seine Reise startet. Denn das entscheidet meiner Meinung nach darüber, wie Erfolg aussieht.
Welche Frage sollte sich eine Gründerin bzw. ein Gründer mindestens einmal gestellt haben?
Siehe oben: Was bedeutet Erfolg für mich selbst? Und in regelmäßigen Abständen auch: wofür bin ich heute / diese Woche / diesen Monat dankbar?
Mit welchen drei Worten würdest Du dich selbst beschreiben?
Authentisch, begeisterungsfähig und ein bisschen crazy ;)